Astrid
15. Januar 2001. Ich hatte furchtbare Kopfschmerzen und wollte nur noch nach Hause. Was dann geschah, weiß ich nur von anderen.
Am Steuer meines Wagens versagte wohl meine Wahrnehmung und ich verursachte einen kleinen Blechschaden. Nun - ich war wohl so seltsam drauf, dass die Beteiligten Polizei und dann Krankenwagen riefen. Im Krankenhaus stellte man dann sofort fest: Aneurysma Ruptur, Subarachnoidalblutung 3. Grades. Da auch gleich ein epileptischer Anfall hinzukam, versetzte man mich in ein künstliches Koma und fuhr mich in die nächstgelegene neurochirurgische Klinik. Dort wurde ich am nächsten Tag operiert. Hirnschwellung und Vasospasmen (Gefäßkrämpfe) machten eine „verlängerte“ Zeit (ca. 3 Wochen) auf der Intensivstation notwendig. Erinnerungen daran kamen im Laufe der Zeit, sind nur nebelhaft vorhanden und scheußlich. Dann kam ich noch für ein paar Tage auf die Normalstation und dann am 7. Februar 2001: ab nach Hause.
Wider Erwarten hatte ich sowohl die Blutung als auch die OP und die Komplikationen hinterher überlebt. Ich konnte sprechen und mich mühselig auch bewegen. Nie weit weg von Wänden.
Nach 4 Wochen zu Hause – allein mit meinen Kindern (19,17 und 15 Jahre alt) kam ich in eine Rehaklinik. Dann war ich wieder auf mich allein gestellt. Weder Hausarzt noch Neurologe verordneten Therapien und eine, von der Rehaklinik empfohlene Wiederholung eines Klinikaufenthaltes musste ich erst mühsam bei der BfA erkämpfen. Insgesamt dauerte es 1 Jahr bevor ich Ergotherapie und 2 Jahre bis ich Physiotherapie verordnet bekam.
Keiner konnte einem helfen, verstand die Probleme - die alltäglichen Kleinigkeiten die einem Probleme verursachten. Der Hausarzt völlig überfordert, er freute sich nur wenn ich kam: „ Wenn Sie kommen geht die Sonne auf – keiner – auch die Operateure hatten erwartet, dass Sie überleben und dann auch noch ohne als Schwerstpflegefall zu enden.“ Bemerkungen wie :“Machst Du immer noch einen auf krank?“ „Du hast doch nichts – bist klar im Denken, kannst Dich ausdrücken und laufen.... man sieht dir nichts an“. „Wann gehst Du wieder arbeiten?“
Nun ich bin zwar hirnverletzt aber das bedeutet ja nicht auch, dass ich blöd bin – das wird oft verwechselt. Und das ist sicher eins unserer Probleme: Man sieht uns nicht unbedingt unsere Behinderung an. Zum Glück war ich in der Lage mit dem Computer umzugehen und so begann ich gleich nach der ersten Reha im Internet nach Hilfe zu suchen.
Was hab ich überhaupt?
Was ist das?
Wie hängt was zusammen?
Gibt es Hilfe?
Letztendlich: Wer versteht mich, die Probleme die ich habe?
Mir war nur schwindelig, konnte mich nicht konzentrieren, rammte jeden Türzargen, selbst das Bewegen war sehr, sehr anstrengend, linkisch und führte zu Schmerzen. Geräusche, Gerüche ...alles „belastete“ mich und ich war immer müde. In der Küche wars ganz heftig: Sachen fallen lassen, Herd vergessen an- oder auszuschalten, und das meiste war ungenießbar – würzen konnte ich nicht mehr und all das was ich früher auswendig kochte oder buk ging nur noch per Kochbuch und ganz langsam – aber nie 2 Sachen gleichzeitig.
Und so fand ich auch Wolfgangs Homepage und die Selbsthilfegruppe.
Zunächst war es mir nicht möglich nach Köln zu fahren – ich wohne 85 km weit weg. Zunächst hielt ich Mailkontakt.
Erst im Herbst 2004 war es dann möglich. Meine Kinder fuhren mich nach Köln. Es war sozusagen: Liebe auf den ersten Blick. Das war eine tolle Athmosphäre. Einer redet nach dem andern – und nicht alles durcheinander - deshalb war ich nämlich schon lange auf keiner Familienfeier oder sonst wo mehr gewesen. Ich kann klar sagen was mich bedrückt, beschäftigt, und die anderen verstehen, fragen nach und machen Vorschläge. Aber eben dies nicht wie die „Gesunden“: Reiß Dich zusammen, Augen zu und durch, wird schon wieder u.ä. Und am besten die Erfahrung: Es geht nicht nur mir so!!!!!
Die Teilnahme an der Gruppe hat mich regelrecht beflügelt. An den Treffen teilnehmen ist wie an die Tankstelle fahren: Energie tanken!!
Meine Stimmung ist besser geworden, ich hab wieder Kontakte, denn die „alten Bekannten, Freunde“ haben sich zurückgezogen. Inzwischen trau ich mich auch mit der Bahn nach Köln zu fahren. Die Hinweise auf Veranstaltungen, gemeinsame Aktivitäten, mal jemanden anrufen, besuchen... das alles macht mein Leben um so vieles reiches und interessanter. Und dadurch ist auch der Antrieb größer weiter die Therapien zu machen – ich will meinen Zustand noch weiter verbessern, um dann an mehr teilnehmen zu können.
Ganz nach dem Motto: Zurück ins Leben. Raus aus der Isoliertheit.
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